Aufwärmen und Dehnen....


...wenn ja, wie und was ist sinnvoll?



Ein fast jeder kennt das Szenario. Person X kommt ins Studio rein, zeiht sich um und geht dann direkt an die Gewichte/Maschinen und gibt Vollgas. Wenn überhaupt, machen sie vielleicht noch ein- bis zwei Sätze mit leichterem Gewicht. Und irgendwann wundern sie sich dann, wieso ihr Körper kaputt ist und ihnen alles weh tut.


Beschäftigen wir uns zuerst einmal mit dem Aufwärmen und wie sieht das "perfekte" Aufwärmen eigentlich aus?

Zuerst sollte man folgendes festhalten: das perfekte Aufwärmen gibt es NICHT! Da muss man nicht einmal darüber diskutieren. Es gibt es einfach nicht.
Denn das Aufwärmen ist wie der jeweilig Sport und der Sporttreibende selber, individuell!


Jedoch ist das Aufwärmen aus mehreren Sichtpunkten sinnvoll und absolut empfehlenswert.
Durch das Aufwärmen erreiche ich z.B. folgendes:


- psychische Vorbereitung auf die bevorstehende Belastung

- Steigerung der Durchblutung

- Steigerung der Stoffwechselvorgänge

- bessere Muskelviskosität und bessere Erregbarkeit der Muskulatur

- Verbesserung der Gelenkfunktionen


Das sind alles Faktoren, die vor allem eines deutlich reduzieren -> das Verletzungsrisiko



Beim Aufwärmen sollte man zwei Varianten unterscheiden.
Das allgemeine Aufwärmen ist für alle wichtig, die Sport machen. Sei es im Fitness oder Freizeitsport.
Das erfolgt beispielsweise durch leichtes Einlaufen, auch auf dem Laufband, Crosstrainer, Ergometer oder Stepper.
Gerade jetzt in der Zeit, wo sehr viele Menschen zu Joggen begonnen haben ist es wichtig für diese, das sie sich kurz vorher aufwärmen (und ggf. ein wenig dehnen)

Und im Gegensatz zu dem Mythos, der in den meisten Studios vorherrscht und noch immer von den meisten Trainer "gepredigt" wird, sind 20-30 Minuten Aufwärmen auf dem Laufband, Crosstrainer oder Stepper nur eines - völlig unnötig.
Es reichen 3-5 Minuten bei moderater Trainingsfrequenz (120-140) als allgemeines Aufwärmen um oben genannte Effekte zu erhalten.


Viel wichtiger ist das spezielle Aufwärmen vor dem Training!
Das spezielle Aufwärmen ist gezielt auf bestimmte Sportarten, oder auch Bewegungen ausgelegt. Es werden beispielsweise speziellen Dehnübungen, sportartspezifische Bewegungsabfolgen, oder auch technische Elemente mit eingebaut, wie z.b. Dribbeln, Wurfübungen, etc.

Somit senke ich das spezielle Verletzungsrisiko auch noch deutlich, da mein gesamter passive Bewegungsapparat auf die bevorstehende Belastung vorbereitet wird.



Und wie sieht das jetzt mit dem Dehnen aus?


Zuerst sollte man festhalten das, entgegengesetzt zu vielen Geschichten die man in Studios von manchen Trainern und Nutzern zu hören bekommt, die Länge eins Muskels durch Dehnung NICHT per se verlängert werden kann. Auch Sehnen und Bändern können durch Dehnen nicht verlängert werden.

Schweifen wir kurz ab in den Fachbereich.
In einer Habilitation von Klee, A. & Wiemann, K. aus 2002: "Zur Problematik des Dehnens in der Gymnastik – theoretische und experimentelle Überlegungen" wurde festgestellt und belegt, das beim Dehnen lediglich Einfluß auf das Eiweißfilament Titin genommen wird.


Einfach erklärt:

Ihr könnt euch das so vorstellen, dass das Titin sich wie eine Spannfeder verhält, welche zwischen zwei Bauteilen (beispielhaft für die Muskeln, Sehnen und Bänder) befestigt ist. Beim dehnen werden die beiden Bauteile auseinander bewegt. Somit zieht sich die Feder auseinander. Nach der Dehnung, wenn also die Bauteile wieder an ihrem Platz sind, geht auch die Feder wieder sofort in ihre Ausgangslage zurück.
Es verändert sich also nur die Feder und nicht die Bauteile-



Nichts desto trotz, ist das Dehnen im Sport unabdingbar.

Denn durch das Dehnen wird, wenn auch nur kurzfristig, die Beweglichkeit erhöht. Und gerade diese kurzfristige Erhöhung der Beweglichkeit sorgt dafür, das ich die gewünschte Übung richtig ausführen kann und somit auch genau die Muskel benutze, die dafür nötig sind.
Wenn ich nun regelmäßig Dehne, kann ich sogar zu weiteren Verbesserung der Beweglichkeit kommen, bis ich mein individuelles Maximum erreicht habe. Das kann aber etliche Monate dauern ;)


Wann sollte man Dehnen?
Darüber streiten sich Sportler und Trainer schon ewig.

Das folgende sind meine eigene Erfahrungen und keine wissenschaftlich fundierte Angaben. Es spiegelt nur meine Erfahrung aus den letzten Jahren wieder, wo und wie ich persönlich die meisten Effekte durch das Dehnen auf mein Training hatte (inkl. Fehlversuche)


1. Ich hab das Dehnen zu anfangs auch übertrieben. Folge war, das ich meine Leistung nicht abrufen konnte und mich sogar des öfteren verletzt habe. Mittlerweile dehne ich nur die betreffenden Partien, die ich auch anschließend trainieren möchte.


2.
z.B. Dehne ich meine Rotatorenmanschetten/Schultergürtel, wenn ich Druckübungen trainieren möchte wie Bank- oder Schulterdrücken. Oder Hüfte, Knie und Sprunggelenkel, vor dem Beintraining und Kreuzheben (hier kommt noch Wirbelsäulenmobilisierung mit dazu)

3. Ich dehne mich nicht mehr nach dem Training, da ich mir da tatsächlich auch schon kleiner Faserrisse zugezogen habe. Ab und zu mache ich aber auch einen reinen Dehntag, wenn ich z.B. Trainingsfrei habe, oder in Deload-, bzw. Regenerationswochen.

4. Haltet das Dehnen so kurz wie möglich, aber so lang wie nötig! 20 bis 30 Minuten Dehnen vor dem eigentlichen Training sind quatsch und unnötig. Je nach Partie, die ihr Trainieren wollt, dauert das Dehnen 10-15min (inkl. Pausen und Wechsel der Übungen)

5. Das Aufwärmen und Dehnen dauert bei mir zwischen 10 und max. 20 Minuten.

6. Wenn ihr nach dem Training Dehnen wollt, dann bitte nur die Muskulatur/Bewegungsmuster Dehnen, die ihr nicht trainiert habt. Also ihr könnt z.B. eure Schulter/Brust Dehnen, wenn ihr Beine trainiert habt. Oder Beine, wenn ihr Rücken trainiert habt, usw.

7. Viel hilft nicht viel! Wie schon weiter oben gesagt. Reduziert es auf das wesentliche, dann habt ihr auch den größten und bestmöglichen Effekt für euer Training.




Für alle, die dennoch meinen, das Aufwärmen und Dehnen was für Pussies ist, hier noch ein kleiner Überblick über die vier häufigsten Sportverletzungen und -Schäden im Fitness. Vielleicht findet sich ja der eine, oder andere ja sehr schnell wieder ;)


1. Schulterprobleme wie Impingementsyndrom, Instabilitäten und Gelenksproblem = 11,4%

2. Knieprobleme wie Meniskus, Kreuzbänder, Patellasehnenprobleme = 11,2%

3. Zerrungen im Rückenstrecker und Blockaden = 11%

4. Becken und Hüftprobleme durch Zerrungen der hinteren Muskelkette, Verkürzung der Hüftbeuger usw. = 10,8%


Das gute an diesen Verletzungen ist, das man vielen davon eben durch Aufwärmen und gezieltem Dehnen vor dem Training prophylaktisch Entgegenwirken kann, da die inneren Strukturen gestärkt werden. Und sollte doch mal eine dieser Verletzung auftreten, kann man in 99% der Fälle auch wieder, mit den richtigen Dehnvorgängen, dagegen wirken!



In der Rumpelkammer legen wir Wert darauf, das unsere Kunden ihre Zeit mit Aufwärmen und Dehnen sinnvoll und effektiv einsetzen. Nur so ist es möglich, Höchstleistungen zu erzielen. Aber noch wichtiger ist, das man dadurch auch sehr lange, Verletzungs- und Beschwerdefrei trainieren kann. Und das wollen wir doch alle, oder nicht?


In diesem Sinne, bleib geschmeidig

der Jörg

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